Anfang des Jahres zog die Inflationsrate deutlich an. Einige Experten warnen bereits vor einer Teuerungswelle. Betrachtet man die einzelnen Faktoren jedoch genauer, ist ein solches Szenario aber kaum denkbar.
Im Januar machte die deutsche Teuerungsrate einen gewaltigen Sprung: Von minus 0,7 Prozent im Dezember auf plus 1,6 Prozent. Nicht wenige Beobachter sehen darin die Wiederkehr des Schreckgespenstes Inflation. Eine genaue Analyse zeigt jedoch, dass in dem Anstieg zahlreiche singuläre Sondereffekte enthalten sind. Da ist zum einen die CO2-Abgabe, die mit dem Jahreswechsel eingeführt wurde und die nach Expertenschätzungen mit etwa 0,3 Prozentpunkte zu Buche schlägt. Zum anderen ist Ende 2020 die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer auf 16 Prozent ausgelaufen. Der nunmehr wieder erhöhte Satz von 19 Prozent drückt die Inflationsrate ebenfalls nach oben. Der Inflationsanstieg im Januar war daher vorauszusehen.
Starker Euro bremst Inflation
Steigende Rohstoffpreise, insbesondere bei Öl und Gas, deuten zwar auf eine weiterhin erhöhte Inflation hin, Experten verweisen aber darauf, dass der Aufwärtstrend beim Euro die Teuerungsrate im weiteren Jahresverlauf abbremsen dürfte. Auch die ultra-lockere Geldpolitik in der Eurozone sollte in den kommenden Monaten und Jahren die Norm bleiben. Denn dass die Inflationsrate langfristig auf zwei Prozent und mehr steigen wird, wie von der Europäischen Zentralbank (EZB) gewünscht, erscheint eher fraglich. Der seit Mitte 2020 aufwertende Euro macht Importe billiger, was die Inflation nach unten drückt. Ändert sich dieser Trend nicht, wird der EZB wohl kaum etwas anderes übrigbleiben, als an ihrer Geldpolitik festzuhalten.
Konjunkturstimmung im Euroraum sinkt
Ein weiterer Bremsklotz für die Inflation ist die gesunkene Konjunkturlaune. In Deutschland trübte sich die Unternehmensstimmung zu Beginn des Jahres deutlich ein. Vor dem Hintergrund der Verlängerung der Corona-Beschränkungen sank der vom Ifo-Institut erhobene Geschäftsklimaindex im Januar um 2,1 Punkte auf 90,1 Zähler. „Die zweite Coronawelle hat die Erholung der deutschen Wirtschaft vorläufig beendet“, schreibt Ifo-Präsident Clemens Fuest in einer Mitteilung. Sowohl die aktuelle Lage als auch die Aussichten für das nächste halbe Jahr wurden durch die befragten Unternehmen schlechter bewertet. Ähnliche Tendenzen zeichnen sich aktuell im gesamten Euroraum ab. Ausschlaggebend sei vor allem die langsamere Impfgeschwindigkeit, so das Ifo-Institut.
Verbraucher halten sich noch zurück
Auch die aktuelle Unsicherheit vieler Verbraucher, die sich in Kaufzurückhaltung zeigt, begrenzt den allgemeinen Preisanstieg. Vereinzelte Preiserhöhungen, etwa aufgrund von Lieferengpässen, dürften nicht zu nachhaltig höheren Inflationsraten führen. Die Inflationsentwicklung im Verlauf des weiteren Jahres hängt vor allem davon ab, wie schnell die Impfkampagne vorankommt. Kann die Gesellschaft ab Spätsommer wieder zu einer gewissen Normalität zurückkehren, dürfte sich die Kauflaune der Verbraucher deutlich verbessern.
Für Anleger und Sparer ändert sich also erst einmal wenig. Die Teuerungsrate dürfte zwar im Jahresverlauf anziehen und gegen Ende des Jahres höher ausfallen, als es in den vergangenen Jahren der Fall war. Unter dem Strich sehen Experten die Verbraucherpreise in diesem Jahr aber um nicht mehr als 1,5 Prozent steigen. Damit wird die Zielmarke der EZB von zwei Prozent verfehlt. Für Sparer bedeutet das weiterhin kaum Zinsen auf Bankeinlagen und für Investoren anhaltend niedrige Anleiherenditen. Aussichtsreichste Anlageklasse dürften damit auch in diesem Jahr Aktien sein.