Die Bundesregierung will die Zinssätze für Steuernachforderungen bzw. -erstattungen an die aktuelle Marktlage anpassen. Der bisherige Zinssatz von 0,5 Prozent pro Monat soll auf 0,15 Prozent gesenkt werden. Im Ergebnis werden künftig nur noch 1,8 Prozent anstatt 6,0 Prozent Zinsen pro Jahr für Steuernachforderungen fällig.
Die Bundesregierung hat auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom Sommer 2021 reagiert und einen Entwurf für die geforderte Neuregelung des Zinssatzes für Steuernachforderungen und -erstattungen vorgelegt. Mit dem Entwurf soll der bisherige Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen von 0,5 Prozent pro Monat auf 0,15 Prozent pro Monat, und damit auf 1,8 Prozent pro Jahr, gesenkt werden.
Regelung gilt ab 2019
Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Urteil den Steuerzinssatz von 6,0 Prozent p.a. aufgrund der Niedrigzinsphase am Kapitalmarkt rückwirkend ab dem Jahr 2014 für verfassungswidrig erklärt, eine Zinskorrektur aber erst für die Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2019 angeordnet. Das Bundeskabinett hat nun die Verringerung des Zinssatzes beschlossen. Die Neuregelung muss noch vom Bundestag verabschiedet werden und der Bundesrat muss zustimmen. Um die Praxistauglichkeit zu gewährleisten, wird künftig weiterhin mit einem festen Zinssatz gearbeitet, der aber öfter überprüft werden soll. Ein variabler Zinssatz wurde von den Steuerbehörden als nicht praxistauglich abgelehnt.
Unterschiedliche Verzinsungszeiträume möglich
Für Fälle, in denen unterschiedliche Zinssätze im Zinslauf zur Anwendung kommen, wird mit Teilverzinsungszeiträumen gerechnet. Wie die Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. mitteilt, ist dies dann der Fall, wenn sich zum Beispiel der Verzinsungszeitraum vom 1. Mai 2018 bis zum 15. Juli 2019 erstreckt. Für Teilverzinsungszeiträume ist jeweils tageweise zu rechnen, wobei ein Kalendermonat grundsätzlich mit 30 Zinstagen angesetzt wird. Die Anzahl der tatsächlichen Kalendertage je Kalendermonat spielt keine Rolle. Um den Anteil am Jahreszinssatz zu ermitteln, wird die Summe der ermittelten Zinstage durch 360 geteilt.
Regelmäßige Überprüfung der Angemessenheit geplant
Damit der Verwaltungszinssatz künftig nicht wieder so stark von den durchschnittlichen Zinssätzen am Markt abweicht, sieht das Gesetz vor, dass der Basiszinssatz regelmäßig alle drei Jahre überprüft wird. Sollte der Basiszinssatz künftig um mehr als einen Prozentpunkt gegenüber dem zuletzt geltenden Zinssatz abweichen, soll eine Anpassung des Zinssatzes erfolgen. Die erste Evaluation wurde für den 1. Januar 2026 festgesetzt.
Vertrauensschutz gewährleistet
Im Hinblick auf die laufenden Verfahren wurden laut Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. Zinsfestsetzungen für Zeiträume ab Mai 2019 vom Finanzamt mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen. Auch seien noch viele Steuerbescheide aus den vergangenen Jahren offen, weil die Steuerzahler Einspruch gegen den hohen Zinssatz erhoben haben. Bei diesen noch nicht bestandskräftig festgesetzten Zinsen werden die Finanzämter nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens den neuen Zinssatz rückwirkend ab Januar 2019 anwenden. Im Fall der Neuberechnung von Erstattungszinsen durch Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids darf der Steuerpflichtige aber im Vergleich zur letzten Zinsfestsetzung nicht schlechter gestellt werden. Das bedeutet, dass weder eine Rückzahlung festgesetzter noch vorläufig erhaltener Erstattungszinsen erforderlich ist.